20.11.2014 – Interview mit Martin Mack, Mack & Weise Vermögensverwaltung. Die Fragen stellte Andreas Marquart.
Herr Mack, die Nerven von Goldanlegern werden derzeit wieder auf eine harte Probe gestellt. Die amerikanische Notenbank will die Zinsen noch längere Zeit tieflassen, die japanische Notenbank begibt ein weiteres Anleihekaufprogramm, druckt also Geld, als gäbe es kein morgen mehr. Und die Edelmetallpreise fallen. Was ist da los?
Mittlerweile operieren die Notenbanken seit Jahren bereits im Krisenmodus und drucken zur „Rettung“ des überschuldeten Systems Geld. Über 13 Billionen USD wurden zwischen 2007 und 2013 an den PC´s der Notenbanken erzeugt. Entschied früher die Knappheit über die Werthaltigkeit des Geldes, ist es heute die menschliche Vorstellungskraft sprengende Vermehrung unserer Zahlungsmittel.
Die Nullzins-Planwirtschaft und das hemmungslose Gelddrucken stehen letztendlich für einen geldpolitischen Offenbarungseid. Letzte Zweifel daran – sofern überhaupt noch bestehend – beseitigte jüngst die japanische Notenbank, die verkündete, die Neuverschuldung der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt zu 100% via Druckerpresse „finanzieren“ zu wollen!
Und vor diesem Hintergrund eines immer mühsamer am Laufen zu haltenden Geldsystems fällt erstaunlicherweise der Goldpreis, dem der US-Notenbanker Greenspan einst eine „ Krisen-Thermometer-Funktion“ attestierte! Betrachtet man das fragile Kreditgeldsystem und die inzwischen notwendig gewordenen Eingriffe in die Märkte, dann sollte man mit einem Blick auf die wenigen Profiteure dieses Systems – Staaten und Banken – es durchaus ernsthaft hinterfragen, warum dessen einziger Gegenspieler – Gold – plötzlich so völlig anders reagiert, als es zu erwarten wäre.
Nicht nur die Edelmetalle selbst hat es kräftig erwischt, auch mit den Edelmetallminen ging es in jüngster Vergangenheit weiter kräftig bergab – was ist da los?
Die Minen reagieren auf den erheblichen Rückgang der Edelmetallnotierungen besonders heftig, da sie u.a. ihre Kostenstrukturen nicht sofort anpassen können und sich somit vormals noch attraktive geschäftliche Perspektiven schnell ins Gegenteil verkehren können. Auf diesem Preisniveau haben die Minen nun betriebswirtschaftlich mächtig zu kämpfen, manche sogar um ihr Überleben.
Doch selbst wenn der Goldpreis noch auf das von Goldman Sachs ausgegebene Kursziel von 1050 USD fallen sollte, heißt das nicht, dass dieses Segment des Aktienmarktes vollständig von den Kurszetteln verschwinden würde. Die Starken unter den Minenwerten, die ihre Hausaufgaben machen und auch finanzielle Rücklagen haben, werden überleben und hervorragende Startbedingungen für den nächsten Aufschwung haben!
Herr Mack, es gibt aber auch Bank-Analysten, die bereits Kursziele unter 800 USD ausrufen!
Ja, manche Analysten sehen diese Entwicklung kommen. Vielleicht sind es auch diejenigen, die beim Goldpreis von 1.900,- USD schon die 2.300,- USD in Kürze kommen sahen. Aber ich möchte die Gefahr eines weiter fallen könnenden Goldpreises jedoch nicht herunterspielen. Fakt ist, bei Kursen von 800 USD wird es im Minensektor eng, sehr eng und spätestens bei länger anhaltendem Preisniveau von unter 800 USD wird es auch erhebliche Minenschließungen geben! Und das wiederum verknappt langfristig das Angebot an Edelmetallen.
Halten Sie es für denkbar, dass der Goldpreis im Vorfeld des Schweizer Referendums zur Goldinitiative gezielt unter Druck gebracht wird, um die Bürger dort zu verunsichern? Ganz nach dem Motto: schaut Euch den Goldpreis an. So ein stark im Preis schwankender Rohstoff soll Sicherheit bieten?
Das ist ein durchaus interessanter Gedanke! Aktuell scheint die Goldinitiative ja eine nennenswerte Zustimmung seitens der Schweizer Bürger zu erfahren. Zumindest läuten wohl schon die Alarmglocken, wenn man sieht, dass selbst die SNB die Bürger schon beschwört, das Referendum abzulehnen.
Dabei sollte den Verantwortlichen ein Satz des Ex-US-Notenbankchefs Greenspan bekannt sein: „Papiergeld wird, in extremis, von niemandem angenommen – Gold dagegen wird immer angenommen.“ Inwieweit aber nun der sinkende Goldpreis mit dem Referendum in einen Zusammenhang gebracht werden kann, ist reine Spekulation.
Keine Spekulation sind hingegen die HFT-Programme, die den Goldpreis auf seinen Weg nach unten „beflügeln“ – zufällig meist an wichtigen charttechnischen Marken! Die stark steigende Anzahl von Handelsunterbrechungen seit April 2013 lässt mich jedenfalls nicht mehr an Zufälle glauben – hier wird massiv eingegriffen! Auch verrät der Blick auf das Handelsvolumen an der Comex, dass hier der Schwanz mit dem Hund wackelt.
Sie sprechen die Manipulation dieser Märkte an – sollte man dann nicht lieber den Goldmarkt verlassen?
Das könnte man durchaus daraus schlussfolgern. Doch in welchen Markt wollen sie „flüchten“? Die Manipulation auch anderer Märkte ist doch inzwischen die Voraussetzung, um die Wohlstandsillusion am Leben zu erhalten. Und in welches andere Asset können sie investieren, das wie Gold kein Emittentenrisiko besitzt? In jeder Krise ist das Emittentenrisiko das stets größte – es entscheidet über Gewinn, Verlust oder Kapitalerhalt.
Seit Ausbruch der Krise wurde die weltweite Verschuldung von 107 auf 150 Billionen USD aufgebläht und der Zins dafür auf Null gesenkt. Und nun spricht die US-Notenbank, ausgerechnet die Notenbank des weltgrößten Schuldners darüber, die Zinsen anheben zu können. Ist das glaubhaft? Jeder ernsthafte Versuch, die Zinsen anheben zu wollen, würde das Kreditkartenhaus umgehend in seiner Existenz gefährden! Die Notenbanken stehen bereits als „nackte Kaiser“ vor uns und können nur noch monetarisieren – zum Nachteil der Kaufkraft des Geldes!
Herr Mack, Sie sprachen eben die globale Verschuldung an. Ist die Schuldensituation in Europa, ja eigentlich weltweit, schmerzfrei lösbar? Die Politik jedenfalls hat noch nichts von Schmerzen gesagt…
Klar ist, dass die weltweite Verschuldung inzwischen eine Dimension erreicht hat, die eine vollständige Rückzahlung schon längst ausschließt. Es geht nur noch um das prolongieren von Altschulden und der Emission neuer Schulden. Das Überschuldungsproblem lässt sich aber so keinesfalls lösen, es wird viel mehr aufgrund seiner exponentiellen Beschleunigung völlig außer Kontrolle geraten.
Im Moment garantieren die Notenbanken die Prolongation und Neuverschuldung mittels Nullzins und „whatever it takes“-Versprechen. Die Einlösung dieses Versprechens sehen wir bereits in den Bilanzen der Notenbanken, doch angesichts der riesigen Schuldenberge, der expliziten wie auch der impliziten – Deutschlands versteckte Schulden betragen rund 4 Billionen Euro, die der USA rund 220 Billionen USD – ist eine vollständige Übernahme in die Bilanzen ausgeschlossen.
Es wird zum Ausbuchen der Schulden kommen müssen, mit der Konsequenz, dass in gleicher Höhe insbesondere monetäres Vermögen vernichtet wird! Da sieht man den Kardinalfehler des jetzigen Kreditgeldsystems: Geld entsteht durch Kredit und das Geld ist somit immer sofort die Schuld eines anderen.
Wie beurteilen Sie die zu erwartende weitere Entwicklung an den Standardaktienmärkten?
Die Märkte haben schon seit einiger Zeit die Verbindung zu den Fundamentaldaten verloren. Es ist mittlerweile insbesondere die Politik der Notenbanken, die die Richtung der Finanzmärkte bestimmt. Jede geldpolitische Lockerung irgendeiner Notenbank spiegelt sich meist sofort gehebelt in den Kursen wieder. Zwar werden Aktien vielfach als alternativlos angepriesen, doch sollte sich jeder Investor auch bewusst sein, denn wenn es den Notenbanken gelingt, die Inflationsraten offiziell spürbar hochzuziehen, dann wird es an den Märkten sehr ungemütlich werden.
Was sagen Sie die den Anlegern Ihrer Fonds, wenn Sie mit Ihnen zusammentreffen und Ihnen gegenüber ihre Sorge über die Kursentwicklung bekunden?
Die Kursentwicklung kann man nicht beschönigen, sie jedoch erklären. Spätestens wenn wir die seit Krisenausbruch stetig weiter wachsenden Risiken im Weltfinanzsystem erläutern, relativiert sich bei vielen die Sicht auf unsere zuvor kritisierte Ausrichtung und somit auch auf die Kursentwicklung. Die Konfrontation mit den tatsächlichen Zahlen, wie z.B das 691 Billionen USD schwere Derivatecasino oder den auf 75 Billionen USD angewachsenen Schattenbankensektor, lässt viele erkennen, dass wir über Risiken sprechen, die die menschliche Vorstellungskraft bei weitem übersteigen. Vielen wird klar, dass das daraus resultierende „Unfallrisiko“ sicherlich nicht mit bisherigen bzw. herkömmlichen Strategien versicherbar ist. Es braucht dazu ein Asset ohne Emittentenrisiko – und das bieten einzig nur die Edelmetalle. Wenn es etwas gibt, was in diesen Zeiten a l t e r n a t i v l o s ist, dann sind es Gold und Silber!
Wenn dieses der Investor ebenso sieht, dann ist meist nicht mehr die Kursdiskussion das Thema, sondern vielen stellt sich die Frage, ob sie hoch genug „versichert“ sind. Letztlich ist das der Punkt, den jeder Investor für sich klären muss. Kann ich den „nackten Kaisern“ in den Notenbanken vertrauen und, kann ich die Risiken ignorieren?
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Mack.